Badische Neueste Nachrichten, Andreas Jüttner, 15.2.2025
Es klingt ein wenig seltsam, was der Lehrer Ben Ross seinen Schülern vorschlägt. Plötzlich sollen sie nicht nur lernen, sondern auch Disziplin zeigen. Aufrecht dasitzen. Nur reden, wenn er sie auffordert. Jede Antwort mit „Herr Ross“ beginnen. Und neue Regeln wie ein Mantra wiederholen: „Macht durch Disziplin. Macht durch Gemeinschaft.“ Was den Lehrer dabei überrascht: Die Schüler machen nicht nur mit. Sie begeistern sich sogar dafür, kommandiert zu werden. Angespornt durch das Gefühl, zu einer Gemeinschaft aus Gleichwertigen zu gehören, werden sie leistungsfähiger und solidarischer. Bis die Gemeinschafts-Ideologie ihre hässliche Kehrseite zeigt: Wer sich der Gruppe, die sich „Die Welle“ nennt, nicht komplett unterwirft, wird angefeindet, ausgestoßen und attackiert.
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Der 90-minütigen Inszenierung von Martin Kindervater gelingt es eindrucksvoll, nicht einfach mit dem moralischen Zeigefinger auf die Manipulierbarkeit von Menschen zu zeigen.
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Die Kraft vor allem der ersten Stückhälfte vermittelt sich auch der Zielgruppe. „Ich fand es erschreckend, wie
gut gezeigt wurde, dass diese Ideen erst einmal sehr positiv wirken können“, sagt die Zehntklässlerin Sarah nach der Premiere.
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Die politische Entwicklung in der Welt und speziell in Deutschland habe die Proben durchaus geprägt, so Kindervater: „Vor zehn Jahren hätte ich das Stück wohl als weniger dringlich empfunden.“
Die Rheinpfalz - Germersheimer Rundschau, Rüdiger Krohn, 17.2.2025
Als Buch, als Film und als Theaterstück ist „Die Welle“ in unterschiedlichen Bearbeitungen längst ein Klassiker in den Theatern und lohnender Schulstoff geworden. Auch in der gegenwärtigen Diskussion um das „Nie wieder!“-Thema hat sich das Werk eine beklemmende Aktualität bewahrt, und das Karlsruher Staatstheater tat gut daran, dieses unvermindert gültige Lehrstück ins Programm aufzunehmen – als ein Plädoyer für Wachsamkeit gegenüber den Feinden der Demokratie und für den Mut des Einzelnen vor den Versuchungen falscher (Ver-)Führer.
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Der Regisseur Martin Kindervater, der „Die Welle“ für seine Inszenierung selbst eingerichtet hat, geht mit seiner Aktualisierung des Textes sehr sparsam um. Ein Handy hier, Video-Screens dort und ein gegenwärtiger Sprachduktus – das ist alles, was es braucht, um das Geschehen zu verheutigen und die Botschaft dem zeitgenössischen Publikum zu vermitteln. Die offene, karg möblierte Spielfläche der „Insel“, die in der Ausstattung von Anne Manss Raum für Bewegung und Fantasie lässt, verleiht durch die Nähe von Publikum und Szene eine bekräftigende Unmittelbarkeit, in der die Darsteller sich vital entfalten können. Im Zentrum des dynamischen Geschehens steht der idealistische Lehrer Ross, dem erst spät auffällt, dass er die Geister, die er rief, nicht wieder los wird. Fabian Kulp macht aus der doppelbödigen Gestalt eine glaubwürdige Studie zwischen Enthusiasmus und Skepsis. In seinen Zweifeln unterstützt von seinem Mann Christoph (Matthias Pieper), wird Ross zum Opfer seines riskanten Plans, den er in einer furiosen Ansprache als aufgeklärter Demagoge effektvoll auflöst. Neben ihm entwirft Riccardo Pallotta in der Rolle des glühenden Musterjüngers Robert das Porträt eines eifernden Zeloten, dem nach dem Widerruf seines Idols das eigene Ich abhandenkommt. In der Schulklasse ist es vor allem Emma Suthe als jugendlich begeisterte Laura, der angesichts der zunehmend repressiven Entwicklung in der Gruppe Bedenken kommen, ob und wieweit sie ihre Kritik äußern darf, und deren innerer Kampf eine spannende Reife der Schülerin bewirkt. Sophie von Grudzinski als Emmi, Matthias Pieper als Alex und Nikita Buldyrski als David kolorieren als Mitläufer die mentale Spannung der „Welle“, und Lisa Schlegel als überforderte Schuldirektorin Schiller stiftet den Szenen die mahnende Stimme der Vernunft.
Termine
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